„Solide Haushaltswirtschaft dank guter Steuerungsprozesse“
Die Gemeinde Saerbeck hat in den vergangenen Jahren Überschüsse erwirtschaftet und sich damit einen strukturell ausgeglichenen Haushalt geschaffen. Im Rahmen der turnusmäßigen Prüfungen von Kommunen in NRW durch die Gemeindeprüfungsanstalt (gpaNRW) in verschiedenen Handlungsfeldern wurde auch die Haushaltssituation dargestellt und Handlungsempfehlungen durch die Prüfer Markus van der Zee und Thomas Knuth und Projektleiter Thomas Knuth gegeben. Simone Kaspar, Stellvertreterin des Präsidenten der gpaNRW, nahm ebenfalls an der Ratssitzung teil.
„Saerbeck ist derzeit haushaltsrechtlich uneingeschränkt handlungsfähig, doch die Prognosen bis 2027 sind auch in Saerbeck herausfordernd“, so Simone Kaspar. „Es besteht daher Handlungsbedarf zur langfristigen Konsolidierung des Gemeindehaushaltes.“ Die Gemeinde verfügt zwischen 2017 und 2022 über niedrige Eigenkapitalquoten im Vergleich zu anderen Kommunen dieser Größe. Die Gesamtverbindlichkeiten des Konzerns Gemeinde Saerbeck liegen interkommunal verglichen deutlich über dem Durchschnitt. Saerbeck verfügt einwohnerbezogen zwischen 2017 und 2022 kontinuierlich über höhere Konzern-Gesamtverbindlichkeiten, als 75 Prozent der Vergleichskommunen.
In den in dieser Prüfung betrachteten Haushaltsjahren 2017 bis 2023 erhöht die Gemeinde im Kernhaushalt ihre Investitionskredite um 1,05 Mio. Euro und ihre Liquiditätskredite um 3,14 Mio. Euro. Die Gemeinde Saerbeck erwartet ab 2024 ausschließlich negative Salden aus laufender Verwaltungstätigkeit. Eine daraus resultierende Inanspruchnahme von weiteren Liquiditätskrediten wird sie wahrscheinlich nur mit Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen vermeiden bzw. eingrenzen können.
Positive Entwicklungen bei Infrastruktur und Investitionen
Die Gemeinde Saerbeck investiert kontinuierlich in die Erhaltung und Entwicklung ihrer Infrastruktur. Im Bereich der Gebäude, Straßen, Wege und des Kanalvermögens sind keine Anzeichen für Überalterung oder Investitionsstau zu erkennen. Dieser Zustand resultiert aus einer proaktiven Investitionspolitik der vergangenen Jahre. Es besteht auf Grundlage der fachkundigen Einschätzung kein Investitions- oder Instandhaltungsstau.
Die Gemeinde Saerbeck überträgt nicht ausgeschöpfte investive Haushaltsermächtigungen in einem unterdurchschnittlichen Umfang in die Folgejahre. Dennoch nimmt sie zwischen 2017 und 2023 kumuliert weniger als ein Viertel der insgesamt zur Verfügung stehenden Mittel für investive Maßnahmen tatsächlich in Anspruch. Die Gemeinde sollte daher ihre Haushaltsplanung optimieren und zukünftig ihre Investitionsauszahlungen so realistisch wie möglich veranschlagen. Strategische Festlegungen für ihr Kredit- und Anlagemanagement hat die Gemeinde Saerbeck bisher nicht schriftlich festgelegt. Um Verbindlichkeit und Rechtssicherheit zu schaffen, sollte sie die in der Gemeinde praktizierte und etablierte Vorgehensweise beispielsweise in einer Dienstanweisung oder einer Richtlinie für das Kredit- und Anlagemanagement verschriftlichen.
Gebündeltes Know-How zu Vergaben an einer Stelle unterstützt Rechtssicherheit
Um Kompetenzen und Ressourcen zu bündeln, hat die Gemeinde Saerbeck eine zentrale Vergabestelle eingerichtet und festgelegt, dass diese bei sämtlichen Vergabeverfahren einzubinden ist. Für die Sammlung und Verwahrung der Angebote sowie für die Submission hat Saerbeck zusätzlich eine zentrale Submissionsstelle installiert. „Mit dieser Organisation wird die Gemeinde Saerbeck der Korruptionsprävention im besonderen Maße gerecht“, so Projektleiter Thomas Knuth. „Um den komplexen Regelungen bei Vergaben gerecht zu werden, empfehlen wir darüber hinaus, die Dienstanweisung zu aktualisieren."
Zur Korruptionsprävention und zum Schutz ihrer Beschäftigten hat die Gemeinde Saerbeck eine detaillierte Dienstanweisung erlassen. Darin sind auch umfassende Regelungen zum Sponsoring enthalten.
Optimierung der Abläufe in der Zahlungsabwicklung schon während der Prüfung angegangen
Schon während der Prüfung hat die Gemeinde Saerbeck erste Maßnahmen zur Optimierung der Zahlungsprozesse ergriffen. „Der Personaleinsatz zur Bearbeitung von Einzahlungen ist vergleichsweise hoch“, stellt Markus van der Zee von der gpaNRW fest. „Die Gemeinde sollte daher weitere Schritte einleiten, um nicht nötige manuelle Mehrarbeiten zukünftig zu vermeiden. Eine automatisierte Verarbeitung von Einzahlungen reduziert manuelle Arbeiten und ist damit ein wesentlicher Einflussfaktor auf die benötigten personellen Ressourcen.“ Vorteilhaft wirkt sich nach Meinung des Prüfungsteams aus, dass Saerbeck die Möglichkeit der SEPA-Lastschrift nutzt und das Verfahren proaktiv bewirbt.
Den Prozess des Mahnwesens hat Saerbeck grundsätzlich gut strukturiert. „Um die Steuerung des Bereichs weiter zu verbessern, sollte die Gemeinde Kennzahlen ermitteln und diese für das Controlling nutzen“, empfiehlt Prüfer van der Zee.
Personal, Organisation und IT – planungsrelevante Informationen immer im Blick
Die Gemeinde Saerbeck hat wesentliche entscheidungs- und planungsrelevante Informationen im Blick. Den künftigen Herausforderungen in Bezug auf die Kernthemen wie Fachkräftemangel, demografischer Wandel, Generationenwechsel sowie die steigenden Anforderungen an die Digitalisierung und die IT-Sicherheit begegnet sie, indem sie hierzu informelle Instrumente etabliert hat. „Hier bestehen noch Möglichkeiten zur Verbesserung, in dem Prozesse und Standards verschriftlicht und formalisiert werden“, so Thomas Knuth von der gpaNRW.
Wie viele andere Kommunen im Segment der kleinen kreisangehörigen Kommunen steht auch die Gemeinde Saerbeck vor der täglichen Aufgabe, ihre Handlungsfähigkeit mit dem vorhandenen und gleichzeitig älter werdenden Personalkörper zu erhalten. In den nächsten zehn Jahren muss die Gemeinde mit einer erheblichen altersbedingten Fluktuation rechnen. Um ihre Handlungsfähigkeit trotzdem aufrecht zu erhalten, sollte Saerbeck den bereits eingeschlagenen Weg der interkommunalen Zusammenarbeit weiter intensiv beschreiten.
In der Gemeinde Saerbeck finden sich in vielen Bereichen gute, gelebte, aber zu großen Teilen noch nicht ausreichend dokumentierte Strukturen. „Die Fülle von Wissen aus verschiedenen Fachrichtungen sollte auf mehrere Köpfe verteilt werden“, empfiehlt Projektleiter Thomas Knuth. „So kann dem Wissensverlust entgegengewirkt werden.“ Die Gemeinde Saerbeck sollte daher eine geeignete, verbindliche Dokumentation ihrer Prozesse entwickeln und diese allen Mitarbeitenden zugänglich machen.
In Bezug auf den weiteren Ausbau der Digitalisierung befindet sich die Gemeinde Saerbeck auf einem guten Weg. Sie treibt die Digitalisierung von Dienstleistungen auch mit Hilfe von Kooperationen aktiv voran und hat mehrere Projekte initiiert. Das Dokumentenmanagementsystem (DMS) und der Prozess des Wohngeldes befinden sich derzeit im Rollout. Die Prozesse Gewerbeanmeldung und Hundesteuer werden in einem Kooperationsmodell im Jahr 2025 digital umgesetzt.
Bürgermeister Dr. Tobias Lehberg erklärt abschließend zu den Ergebnissen der gpaNRW:
„Durch die Prüfungsergebnisse der gpaNRW sehe ich die von Rat und Verwaltung in den vergangenen Jahren verfolgte restriktive Haushaltsführung der Gemeinde Saerbeck bestätigt. Der Verwaltung wird eine vorausschauende sowie sach- und bürgernahe Arbeit bescheinigt, dafür bin ich allen Kolleginnen und Kollegen sehr dankbar. Die Empfehlungen der gpaNRW zu den einzelnen untersuchten Handlungsfeldern werden wir zur weiteren Optimierung unserer Dienstleistungen und Prozesse nutzen.“
Infos zur gpaNRW und deren turnusgemäßen Prüfung
Die gpaNRW hat die Gemeinde Saerbeck im Rahmen der turnusgemäßen Prüfung aller kleinen kreisangehörigen Kommunen mit einer Einwohnerzahl von bis zu 10.000 in folgenden Handlungsfeldern geprüft:
- Finanzen
- Zahlungsabwicklung und Vollstreckung
- Personal, Organisation und IT
- Vergabewesen
- Interkommunale Zusammenarbeit
Alle Feststellungen und Empfehlungen der gpaNRW zu den thematischen Handlungsfeldern sind im Prüfungsbericht für die Gemeinde Hille zusammengefasst.
Die gpaNRW ist Teil der staatlichen Aufsicht des Landes über die Kommunen und wurde im Jahr 2003 gegründet. Sie hat ihren Sitz in Herne. Ihr ist durch Gesetz und Gemeindeordnung die überörtliche Prüfung aller 396 Kommunen, der 30 Kreise sowie der Städteregion Aachen, der beiden Landschaftsverbände und des Regionalverbandes Ruhr (RVR) übertragen. Präsident der gpaNRW ist seit 15. September 2023 Bürgermeister a. D. Michael Esken.
Die ausführlichen Prüfungsberichte mit allen Handlungsfeldern und Empfehlungen veröffentlicht die gpaNRW unter www.gpa.nrw.de.